05. 1955 bis 1959

Jahr    Faslamsvadder         Faslamsmudder             Festlokal
1955    Heinz Kröger           Werner Tödter           Pehmöller
1956    Werner Tödter         Artur Meyn                Rundt
1957    Artur Meyn              Werner Bruns            Bahnhof
1958    Werner Bruns          E.R. Buschmann         Pehmöller
1959    E.R. Buschmann      Karl Wilhus                 Rundt

Karl Wilhus aus Luhdorf erzählt eine Geschichte aus den späten 50er Jahren bis hin zu Anfang der 60er Jahre.
Er war 1959 Faslamsmudder, 1960 und 1961 Faslamsvadder.
Heute unterstützt er den Verein als passives Mitglied.
„Faslam und seine Begebenheiten“

„Der Gedanke, eine zünftige Fastnacht zu feiern, sowie die Bereitschaft hierfür in der Dorfjugend, war immer und stets vorhanden!
In Luhdorf wurde seit Kriegsende 1945, also ab 1946, Faslam gefeiert und aufleben lassen. In dieser Nachkriegszeit ging es darum, Versäumtes nachzuholen und der Geselligkeit den Vorzug zu geben.
Viele Jahre lang waren fast alle Vereine verboten oder Tätigkeiten wegen der allzugroßen Kriegsopfer untersagt. Die Bevölkerung litt Hunger und Not in den Kriegs und Nachkriegsjahren.
So kam es auch den Fastnachtsbrüdern gerade recht, durch den auferlebten Brauch des Eier und Wurstschnurrens, an etwas Eßbares und Trinkbares zu kommen.
Im Dorfe wurden zu dieser Zeit viele Hausschlachtungen vorgenommen. Somit waren auch die Gaben reichlich, denn ein jeder wußte zu dieser Zeit wie Hunger weh tat. Geld hatte damals keinen so hohen Stellenwert, Naturalien daher um so mehr.
Alkohol wurde in den Nachkriegsjahren in eigener Regie gebraut und nach besonderem Geschick veredelt. Es waren die Sorten Kartoffelbrand, Rübenschnaps, Weizen und Kornbrand.
Beim „Abschmecken“ der Brennergebnisse wurde so manch ein Schmecker schon mal ohnmächtig, denn er hatte derzeit auch kaum etwas anderes im Magen.

Die Fastnachtsbräuche wurden Jahr für Jahr an die nächst jüngere Generation weitergegeben und von denen auch übernommen.
Fast zwei Jahrzehnte hatten sich die Gebären des Essens und Trinkens kaum gewandelt. Eier und Wurst verschiedener Sorten wurde nach Beendigung des Schnorrens im jeweiligen Gasthaus verzehrt.

Die Gaststätteninhaber lösten sich in laufender Reihenfolge mit der Ausrichtung der Fastnachtsfeier ab. So waren es die damaligen Wirte Johannes Pehmöller mit Schwiegersohn Heins Putensen, jetzt Tante Pu, Lenchen und Fritz Benecke, also Onkel Fritz, und es waren Hilda und Heinrich Benecke, Rundt’s.

Fastnacht war lange Jahre eine Männerdomäne. Die schweren Lasten des Schnorrens, des schweren Essens und Köm und Bier trinkens, konnte den Damen der Schöpfung weniger zugemutet werden.
Übrigens kostete ein Lütt un Lütt zu Beginn der 50er Jahre ganze 45 Pfennige. Lütt un Lütt war ein normales Brauseglas mit Bier und ein normaler Klarer.
Es gab zwei Leute im Ort, die sollen jeweils 32 Stück(Gedecke!) davon in Folge verzehrt haben. Der eine, Wilhelm Rabeler, ein angesehener Bäckermeister damaliger Zeit, der andere war Hermann Albers, unser Fußballobmann der fünfziger Jahre.

Als diese beiden den Heimweg antraten, soll sogar die immerhin recht breite Bahnhofstraße nicht ausgereicht haben!  Der Dachdecker und Hausschlachter Wörmer, der an dieser Lütt un Lüttorgie nur teilweise beteiligt war, hatte sein Fahrrad dabei, welches ihm absolut nicht mehr parieren wollte. Er bestieg es von der linken Seite und wurde sogleich zur rechten Seite wieder abgeworfen. Dieser Vorgang wiederholte sich einige Male, bis dem Hausschlachter u. Dachdecker der Geduldsfaden riß, er sein Fahrrad verprügelte und es auf die Schultern bis nach Hause trug, welch ein Bild!

Zur Faßnachtszeit war auch für Schutz und Ordnung gesorgt. Unser Dorfsheriff, Putz-Meyer aus Borstel, tat sich hierbei besonders hervor. Bei früheren Faßnachtsvergnügen konnte er fachliches Wissen sowie seine Halt-Stoppkelle vorteilhaft einsetzen und ganze Staßenzüge lahmlegen.
Meistens folgte die von ihm erwartete Belohnung auf dem Fuße, nicht weniger als drei Faßnachtsbrüder verloren ihre Nüchternheit um diesen ausgedörrten Burschen einermaßen durchzufeuchten.
Sollte dieser Einsatz noch nicht gereicht haben, so mußten Faßnachtsvadder oder Mudder ein übriges tun.
Man muß zu dem sagen, unser Putz-Meyer war es uns wert, hatte er doch alle Getränksleute unter seiner Knute, wußte er doch zu unterscheiden wer ihm lieb und recht oder gar unrecht war.

Das Eier und Wurstschnorren hatte auch zu damaliger Zeit so manche Begleiterscheinungen, so folgte uns jungen Männern oftmals ein Schwarm größerer Kinder und auch neugierige Backfische im Troß mit. Da nun viele Haushaltungen ein Holz-Kohleherd in Betrieb hatten, waren die jungen Faßnachtsbrüder nicht zu halten. Sie taten sich Ruß in den Händen und rannten so schnell wie sie noch konnten, hinter Mädchen und Großkindern her und rußten deren Gesichter ein.
Es war manchmal eine richtige Hatz und ein Gebrüll auf beiden Seiten – eben Faßnachtszeit!
Manch einen Faßnachtsbruder klebt auch das Pech sprichwörtlich an den Stiefeln, so fiel uns doch der kleine Rudi (ca. 1,40m), er war Knecht bei Klaus Hillermann, in den vereisten Straßengraben. Er war naß, vorher von innen und jetzt von beiden Seiten. Seine Hose sollte getrocknet werden, er zog sie aus und schwupp hauten die uns folgenden Gören damit ab.
Mein Gott, was hat der Kleine geschimpft, und in Unterhosen durchs Dorf nach Hause, welch ein Bild.

Unser Faßnachtsessen, welches immer am gleichen Tag des Schnorrens abgehalten wurde, ward immer eine festliche Angelegenheit, waren die Tische nicht in der Vielfalt, so aber doch in der Üppigkeit reichlich gedeckt.
Da nun in der Mehrzahl die Fleisch und Rotwurst die Teller bedeckte, waren die in der Minderzahl vorhandenen Hamburger Gekochten, die aus den Landschlachtereien Gustav Harms (Guschen) und Ernst Buschmann stammten, heiß begehrt.
Manche Faßnachtsessen wurden auch schon einmal zu Freßorgien, bei denen ein Verzehr von 15 gekochten Eiern als Ballaststoff für den folgenden Tanzabend vorgeschoben wurde. Natürlich von Einzelpersonen!
Es soll wiederholt vorgekommen sein, daß gleiches Essen, gleichen Weg zurück in die breite Öffentlichkeit nahm, und das ohne Vorwarnung.

Zum Tanzvergnügen, wo nun auch die jungen und etwas älteren Damen herbeiströmten, spielte ausnahmslos die Kapelle Oertzen-Brößling auf.
Die Musik wurde immer ein Jahr im voraus bestellt. Die Herren Musikusse reisten derzeit mit dem Fahrrad heran und konnten somit auf Selter und Saft verzichten, wohl sich aber den geistigen Getränken zuwenden, welche ja noch bekanntlich die Stimmung verfeinern!
Die Musikusse, sie hatten es nicht weit, sie kamen aus den Nachbardörfern Pattensen, Stöckte,Borstel sowie aus Luhdorf selbst. Sie arbeiteten ohne Lautsprecher und Verstärker.
Zu Beginn des Faßnachtsballes wurde ein Liedstück vor der Haustür der Gaststätte gespielt, damit jeder im Dorf nachdrücklich für diese Festlichkeit eingestimmt wurde.

Der Faßnachtsball war immer und zu jeder Zeit beliebt, beiderlei Geschlecht konnte doch nun einmal im Jahr etwas von seinen Hemmungen ablegen, wurde im übrigen Teil des Jahres etwas mehr Etikette verlangt. Neue Beziehungen konnten aufgebaut und erschlaffte neu erfrischt werden….  .
Das in den Fünfzigern auch nicht alles echt war, mußte ein Faßnachtsbruder auf einen dieser Bälle erfahren, indem er in seiner großen Leidenschaft eine von ihm auserwählte Dame ins Freie begleitete und sie herzte und liebkoste, zurückgekommen und nichts ahnend in den Spiegel sah und furchtbar erschrak. Er konnte sich beim besten Willen nicht wieder erkennen, das Gesicht tief blau bis zum Haaransatz! Was war geschehen? Die Dame war abgefärbt, ganz einfach nicht waschecht ihre Klamotten, mein Gott, was für ein Gelächter!
Das Schnorren, heute Samstags, damals Montags durchgeführt, war eigentlich der dritte Tag des Festes. Am Dienstag folgte dann der Faßnachtspreisskat sowie für weniger geübte das Knobeln.
An diesem Abend wurden sämtliche Überschüsse restlos abgefeiert.
Einen Übertrag ins Folgejahr sah man nicht vor.

Finanzielle Engpässe traten eigentlich selten auf, konnten wir uns doch immer wieder arrangieren. So stellte sich auf einer Abfeier heraus, daß zwar noch mächtig Durst vorhanden war, leider nur noch wenig Interesse den eigenen Geldbeutel zu schröpfen dasaßen. Und wie sie so dasaßen und ihre Blicke schweifen ließen, erkannte man sofort sein Opfer zwecks Ausbeutung zur freiwilligen Getränkeabgabe.
Das Opfer war in Begleitung einer damals ortsbekannten bäuerlichen Stütze.
Beide waren sich sehr zugetan und offensichtlich in einander schwer verliebt.
Da nun beide von des Lebens Weisheit nicht sonderlich gesegnet waren, nicht oder kaum lesen und schreiben konnten, bis auf ihren Namen, kam uns dieser Umstand recht entgegen, um alsbald einen Plan auszuhecken:
Sagt der eine Faßnachtsbruder ganz plötzlich! „Ich hab da ne Idee, wolln wir die beiden nicht mal verheiraten und wir spielen Trauzeugen, da fällt bestimmt was ab“.
Gesagt, getan, das traute Paar wird zu uns an den Tisch geladen, es wird über den Ehestand gesprochen und über deren beider Lust und Interesse dazu. Beide ohnehin schwer verliebt, willigen vorweg schon einmal in einer Trauung ein, allerdings noch nicht in der Gaststätte, denn sie kennen sich damit absolut nicht aus.

Nach einigen scheinheiligen aber nichts sagenden Tischgesprächen, wird nunmehr der am Tisch sitzende Putzbüttel (=Friseur) Wagemann als zufällig anwesender Standesbeamte angesprochen. Dieser nimmt diese Bezeichnung humorig und listig an, alsbald traf er seine Vorbereitungen. Er orderte vom Wirt, Onkel Fritz, ein „Amtsbuch“.
Es war das schwarze Buch zur Einzahlung von Sparclubgeldern, schlug es nur für sich sichtbar auf und begann in feierlicher Manier ein paar wichtige Sätze über die Ehe und das eheliche Leben vorzubringen.
Unser ausgesuchtes Paar wurde nochmals über ihren festen Willen zur Eheschließung hier und an dieser Stelle befragt, welches beide  mit lautem „ja“ beantworteten sowie die Bereitwilligkeit, diesen besonderen Akt einen feierlichen Rahmen zu geben. Dieser wurde von den Faßnachtsbrüder insgeheim sehr erwünscht!
Die Zeremonie wurde vollzogen, die Trauzeugen waren überglücklich, das frisch vermählte Paar natürlich auch. Der Wirt hatte alle Hände voll zu tun, Bier und Korn flossen wieder ins inzwischen ausgetrocknete Bachbett hinunter, alle waren noch einmal recht glücklich geworden an diesem Abend und wir haben nichts dazu bezahlt.

– Aufgezeichnet von Karl Wilhus –

 

Der Knastbruder

Kaum zu glauben, aber so wurde mir berichtet.
Ein Faslamsbruder wurde zum Faslamsvadder gewählt. Das ist ganz normal. Es kann auch passieren, daß dieser dann krank wird oder Dienst hat.
In Luhdorf muß man allerdings mit dem Schlimmsten rechnen.
Gerade kurz vor Faslam muß dieser Faslamsbruder seine Haftstrafe wegen Trunkenheit am Steuer (was auch sonst) absitzen.
Kurzerhand nahm der Stellvertreter den Posten des Faslamsbruder ein.
In einer Chronik ist dieser Vorfall allerdings nie vermerkt worden.
Und damit Ihr alle schön rätseln könnt, es ist jemand aus Luhdorf.

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